Mittwoch, 25. Juli 2007
Werbung!!!
Wie bereits angekündigt folgen nun meine Erfahrungen aus der Welt der Schönen, Reichen und Wichtigen.... Wobei wir in der Werbewelt ja dann doch den Schwerpunkt auf letzteres legen können...
Aber von vorn:

Nachdem der Drehtermin für die Werbekampagne abgestimmt war, wurde ich also nach Berlin eingeflogen, wo ich das erste Mal in meinem Leben am Flughafen von einem Chauffeur mit Schild in Empfang genommen wurde.
Obwohl das eigentlich gar nicht stimmt- immerhin hatten wir in Kambodscha ja auch schon das Vergnügen an der Fähre in Siem Reap...


Naja, der Fahrer (sorry-Produktionsassistent!) setzte mich am Prenzlauer Berg an meinem ganz netten Hotel ab, wo ich mich direkt mit Annie (die zweite im Bunde) schon mal zum Vorglühen auf der Hotelterrasse traf. Nach nem kleinen Gin Tonic waren wir dann auch ganz entspannt, als es dann ein knappes Stündchen später zum "Meet'n Greet" ging. Eine Art Kennenlernabendessen der Laiendarsteller und der Crew (Agentur/Produktionsfirma). Ausser Annie und mir-die Brustkrebstanten- waren noch 3 Vertreterinnen für den "Allergisches Asthma"-Spot dabei; ein sehr süßes Mädel aus Süddeutschland, eine echt nette Frau in den sechzigern und eine unglaublich unangenehme Person (auch so Anfang 60), die zu der Patientenfraktion gehört, die mir schon nach drei Minuten toxische Killerpusteln verursacht. Ich glaube, die hatte vor der Aufnahme der Bestellung schon Ihre komplette Krankengeschichte erzählt, hatte Annie begrüßt mit den Worten "Was haben Sie denn?" auf die Antwort "Ich hatte Brustkrebs" kam "Ach-sie haben Brustkrebs!" "Nein-hatte!!!" "Naja, das müssen sie ja sagen..." und mir am nächsten Morgen im Frühstücksraum statt "Guten Morgen" zu sagen erstmal erzählt, wie schlecht es ihr heute geht, da ja am Tisch in einiger Entfernung von ihr (auf der Terrasse des Restaurants) geraucht worden war.

Naja, Annie und ich haben uns dann auch mehr miteinander unterhalten und mit 2 Leuten aus der Werbeagentur und so gegen 23 Uhr sind wir dann auch zurück ins Hotel marschiert, da wir ja nun morgens kamerafein aussehen wollten.

Annie war die erste, die in Babelsberg am Set sein sollte, ich erst die dritte, aber in der Hoffnung, vielleicht mit Annie noch nett 'nen Kaffee trinken zu können, bin ich dann schon mit der Nummer 2 hingefahren.

Das "Set" war in einer Art Wellblechgarage aufgebaut (Größenordnung Garage für 2 LKW), die zu einer großen Halle gehörte. Die Halle wurde zum Essen genutzt, also war sie wohl auch mit angemietet, aber aus mir sich nicht erschliessenden Gründen wurde also in der Garage gedreht. Das Problem, das sich im Laufe des Vormittags bemerkbar machte, war, daß im Gegensatz zu der großen kühlen Halle sich die Garage bei Sonnenschein (und es war sonnig!) auf gefühlte 60 Grad aufheizte. Unmittelbar unter den Scheinwerfern kamen dann nochmal so schätzungsweise 15 Grad drauf.
Obendrein war die Halle nicht schallgedämpft, so daß, als ich so gegen 10 ankam gerade wütende Diskussionen zwischen den Aufnahmeleitern/Produktionsleitern (oder wie die korrekte Bezeichnung auch sein möge) und den Produktionsassistenten liefen. Tenor :"Wir haben doch vor 14 Tagen checken lassen, daß hier keine Baustelle ist- warum ist hier jetzt doch eine?" oder "Du hast hier draußen nichts anderes zu tun, als für Ruhe zu sorgen- ist das zu schwer für dich oder was? Wir DREHEN hier drin!"

Das taten sie offensichtlich. Nachdem in diverse Headsets "Wir drehen gleich, es wird ruhig, wir sind kurz davor, Ruhe bitte, wir drehen!" gesprochen wurde (schade, daß ich hier den Tonfall nicht rüberbringen kann. So eine Mischung aus Karrussellansager und RTL-Korrespondent vom Schauplatz eines unheimlich tragischen Unfalls), kam dann das was man sich so vorstellt: "Ton ab....Ton läuft....Kamera ab....läuft....Klappe....und bitte!!"
Und da stand nun Annie vor ca. 20 Anwesenden (Maske, Styling, Ton, Tonassistenz, Kamera, Kameraassistenz, Regisseur, Regieassistenz, Werbeagenturkreativer, Werbeagenturwichtiger, Werbeagentur-schon-ganz-bald-wichtiger, Kunde, Aufnahmeleitung und -assistenz, Techniker, usw.) unter den gnadenlos strahlenden Scheinwerfern in ihrem roten T-Shirt und sagte zum wiederholten Male ihren Satz auf. Anschliessend wurde dann drüber gesprochen, sich das Ganze auf dem Monitor nochmal angesehen, nochmal drüber gesprochen ("Wir sind immer noch ruhig, wir sprechen drüber") und gleich nochmal gedreht. Da fand ich das noch alles sehr amüsant, obwohl mir ja eigentlich hätte klarsein müssen, daß mir das Drama ja nun auch noch bevorstand...

Nachdem Annie also ewig in der Hitze gelitten hatte, durfte sie dann weiter zum Fotoshooting,

wo ich dann auch kurz zuschaute und dann mußte sie direkt los zum Flughafen, so daß für den eingeplanten Kaffee dann doch keine Zeit mehr war. ich hab dann noch Angie (Rheuma) beim Dreh zugeguckt,


dann gab es erstmal Mittag und dann ging es für mich ab in die Maske.

Als ich dann dran war (nachdem ich zunächst geschminkt, mit dem TShirt und einer Hose bekleidet , die Hose für nicht gut befunden und wieder ausgetauscht worden war) wurde mir zunächst erklärt, daß ich nach dem "Und bitte!" noch eine Sekunde warten sollte und dann "ganz natürlich" in die Kamera mein Sätzlein "Ich hatte Brustkrebs. Auch dank neuer Medikamente bin ich heute wieder gesund!" sprechen sollte und danach noch so 10 Sekunden in die Kamera gucken, da dann aus dem Off später noch jemand was drüberspricht. Alles klar.

Nach zwei Probeläufen verzweifelte die Schminktante, weil sie mit dem Schweißperlen wegtupfen gar nicht schnell genug hinterherkam, der Tonheini verzweifelte an einem vorbeifliegenden Helikopter, die Stylingtussi an dem Puder der aufs Shirt streuselte und ich schmolz.

So wurde also der Tontechniker zum ein-und ausschalten des Ventilators eingeteilt, bei "Ton ab" wurde der abgestellt, bis zur letzten Sekunde gepudert (mit schildkrötenartig vorgestrecktem Hals, damit der Puder nicht aufs Shirt kommt),
"Und bitte!"...und ich sagte mein Sprüchlein auf. Regisseur:"Sei einfach du selbst, ganz natürlich aber viel langsamer sprechen!" (wer mein Sprechtempo kennt, kann sich vorstellen, wie sehr ich noch ich selbst bin, wenn ich Zeitlupe spreche)...Take 2: Langsamer..."Prima, aber du kannst dich ruhig etwas bewegen(wie genau, wurde nicht spezifiziert)" Take 3: wackel, wackel..."Nicht so viel, vielleicht erst den Kopf schräg halten, dann gerade in die Kamera gucken, den Satz sagen und dann noch den Kopf etwas hin und her drehen, aber nicht den Körper sonst kann amn den Satz auf dem Shirt nicht mehr lesen" Take 4:Und bitte...PAUSE...Kopf schräg...Kopf gerade...Satz....Kopf hin... Kopf her.... "Ganz prima, aber der erste Satz muß stärker kommen. Du hattest schliesslich Brustkrebs. Das ist eine traumatische Erfahrung (Was du nicht sagst!). Man sollte dir die Betroffenheit anmerken!" alles klar: Take 5:pause...Kopf schräg... Kopf gerade... betroffen gucken... mit Grabesstimme"Ich hatte Brustkrebs..." Kopf hin, Kopf her...."Und aus! Das war jetzt over the Top!" Take 6: Wie oben nur weniger Drama..."Super, aber du bist ja wieder gesund! Im zweiten Satz sollte man Dir Dankbarkeit und Erleichterung anmerken!" Take 7: Kopf, betroffener Satz, leichtes Lächeln, zweiter Satz, Kopf hin Kopf her..."Und aus. Das war GANZ toll, aber AUF KEINEN FALL EINE AUGENBRAUE HOCHZIEHEN!" Take 8: Wie vorher, nur ohne Augenbraue.."Super die Mimik, aber auch in der Haltung könntest du Erleichterung spüren lassen" Take 9: gesagt, getan.. "Toll, gaaanz toll, aber lass dir mehr Zeit! Take 10: genauso, nur langsamer "Perfekt, aber das TShirt muß einen natürlicheren Faltenwurf haben" ...zupf, zupf, Take 11: wie vorher "optimal, aber es heißt NEUE Medikamente, nicht GUTE" Take 12.......

Ihr habt eine ungefähre Vorstellung?
Zwischen den Takes wurde immer wieder gepudert, pausiert um "drüber zu sprechen", pausiert wegen Geräuschen usw, usf.

Ich hab mich ziemlich dämlich angestellt, ich denke, man hätte vielleicht vorher etwas üben können, damit man schon weiß, wie man sich bewegen soll usw. aber ich hatte das Ganze auch echt unterschätzt!
Ich habe mittlerweile echt Respekt vor Leuten, die sowas professionell machen und dabei so locker rüberkommen-seitdem schau ich Werbung mit ganz andren Augen!

Nach etwa 20 Takes wurde eine Textvariante ausprobiert (nochmal gefühlte 15 Takes), dann durfte ich in den Tonwagen, den Satz noch 8mal auf Band sprechen und dann sollte es mit dem Photoshooting für die Plakate weitergehen.

Das war dann aber echt lustig- Kleines kühles Studio, nur drei Leute (Photograph, Visagistin, Grafikerin) und entspannte, lustige Atmosphäre. Der Photograph war echt gut und lustig und konnte ganz klar sagen, was er haben will und es war einfach, dem zu folgen.


es sind ein paar echt nette Bilder dabei rausgekommen, die ich wohl in jedem Fall auch bekomme. Auch wenn man sich für die Kampagne dann doch für Annie entscheiden sollte.
Wovon ich ausgehe, da ich mich so dämlich angestellt habe beim Drehen, aber Annie glaubt das gleiche...

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